Die beste Lösung für unsere Kunden

Architekturwettbewerbe

Wie sorgt der BLB NRW eigentlich dafür, dass die späteren Nutzer eines Gebäudes, die zukünftige Nachbarschaft oder die Umwelt zur besten baulichen Lösung kommen?

Einerseits lässt sich das im Rahmen des üblichen Verhandlungsverfahrens nach Vergabeverordnung (VGV) durch die Auswahl eines kompetenten Planers gewährleisten. Hier wird im Laufe des Vergabeprozesses die planerische Kompetenz und Leistungsfähigkeit der Bewerber geprüft. Das im Nachgang beauftragte Büro wird im nächsten Schritt eine gute Realisierungsvariante präsentieren. Wie dieser Entwurf am Ende aussieht, wird im Vergabeverfahren jedoch nicht geklärt – auch nicht, ob es vielleicht noch bessere Alternativlösungen gibt.

Architekturwettbewerb Luftbild Campus Grifflenberg
© BLB NRW Bild: Christian Reimann, BUW
Architekturwettbewerb Luftbild Campus Grifflenberg
Luftbildaufnahme des Campus Grifflenberg der Bergischen Universität Wuppertal
Besondere Lösungen für besondere Herausforderungen

Kommt es bei der Vergabe vor allem auf den Entwurf an, ist der Weg über einen Architekturwettbewerb die bessere Wahl. Hier treten verschiedene Planungsbüros mit fertigen Entwürfen gegeneinander an. Eine fachkundige Jury wählt daraus einen Siegerentwurf und sorgt so dafür, dass der BLB NRW als Auslober die beste Lösung in Bezug auf Funktion und Praktikabilität, Städtebau, Wirtschaftlichkeit oder Umwelt- und Sozialverträglichkeit erhält. Ein Architekturwettbewerb ist in der Durchführung aufwendiger als das klassische Vergabeverfahren. Durch die integrierte Ausarbeitung dauert er auch länger. Dafür steht am Ende des Wettbewerbs bereits eine Auswahl mehrerer Projektentwürfe. Aufgrund des höheren Aufwands kommen Architekturwettbewerbe eher dort zur Anwendung, wo es um anspruchsvolle Projekte geht, die etwa besondere Funktionalitäten erfüllen sollen, konstruktiv herausfordernd sind oder sich harmonisch in eine bestehende Umgebung einfügen sollen.

Ein solches Beispiel ist etwa der Ersatzneubau der Experimentierhalle Physik für die Bergische Universität Wuppertal (BUW). Hier hat der BLB NRW den Planungsauftrag in einem Wettbewerbsverfahren vergeben: „Durch die städtebaulich herausragende Lage direkt am Eingang zum Campus schied ein nüchterner Zweckbau an dieser Stelle aus. Auch die komplexen Anforderungen an das Gebäude und das herausfordernde Baufeld sprachen für die Realisierung im Rahmen eines Wettbewerbs“, erläutert der Bauingenieur Muhterem Kacar aus der BLB NRW Niederlassung Düsseldorf, der gemeinsam mit seiner Kollegin Almut Lepère für das Projekt verantwortlich ist. Für das junge Team war es der erste Architekturwettbewerb, den die beiden für den BLB NRW durchgeführt haben. „Für mich war das besonders spannend“, erinnert sich Architektin Lepère, „denn ich kannte solche Wettbewerbe bisher nur von der anderen Seite als Vertreterin eines Architekturbüros. Nun erstmals auf der Ausloberseite zu stehen, war sehr aufregend.“

  • Das zukünftige Aussehen des Gebäudes
    © BLB NRW Bild: habermann.decker.architekten
    Das zukünftige Aussehen des Gebäudes
    So soll das fertige Gebäude einmal aussehen.
  • das Tor zum BUW-Campus Grifflenberg
    © BLB NRW Bild: habermann.decker.architekten
    das Tor zum BUW-Campus Grifflenberg
    Von der Straße aus bilden Experimentierhalle und die Gebäude V und W das Tor zum BUW-Campus Grifflenberg.
  • Die Experimentierhalle aus der Vogelperspektive
    © BLB NRW Bild: habermann.decker.architekten
    Die Experimentierhalle aus der Vogelperspektive
    Die Experimentierhalle aus der Vogelperspektive. Schon hier lässt sich die städtebauliche Dimension erahnen.
Formalitäten stellen einen fairen Leistungswettbewerb sicher

Bei einem Wettbewerb geht es um viel. Dem Sieger winkt schließlich nicht nur Renommee, sondern auch der Zuschlag. Da der finale Auftrag für die Experimentierhalle in einem „Architekturwettbewerb mit nachgeschaltetem Verhandlungsverfahren nach VGV“ vergeben werden sollte, durften sich in diesem Fall sogar mehrere platzierte Büros Hoffnungen darauf machen. Um einen fairen Leistungswettbewerb sicherzustellen, sind bei der Auslobung und der Durchführung eine ganze Reihe von Regeln einzuhalten. So sieht die zugrunde liegende Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW 2013) des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, nach der sich neben Nordrhein-Westfalen auch die meisten anderen Bundesländer richten, etwa eine eindeutige Aufgabenstellung, die Gleichbehandlung aller Teilnehmer, die Anonymität der Wettbewerbsbeiträge sowie die Entwurfsbeurteilung durch eine fachkundige Wettbewerbsjury vor.

Dass das Verhandlungsverfahren, in dem ansonsten die planerische Kompetenz und Qualität geprüft wird, erst nachgelagert erfolgt, hat übrigens keinen Einfluss auf die Qualität des späteren Entwurfs: „Die teilnehmenden Büros müssen sich ja im Wettbewerb beweisen, sodass die planerische Kompetenz und Kreativität des Büros ebenfalls sichergestellt ist“, erklärt Muhterem Kacar. „Beim Wettbewerb für die BUW haben wir uns aus diesem Grund übrigens bewusst für niedrige formale Anforderungen entschieden, um auch kleineren Büros die Möglichkeit zur Teilnahme zu geben, sodass noch mehr Vielfalt und Kreativität in den Wettbewerb mit einfließen.“

Zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs und der Einhaltung der Wettbewerbsregeln hat der BLB NRW das auf Wettbewerbsdurchführungen spezialisierte Architekturbüro Schopmeyer beauftragt, sich um das Organisatorische zu kümmern und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Insgesamt nahmen 15 Architekturbüros am Wettbewerb teil. Fünf waren dem BLB NRW bereits aus früheren Projekten als bewährt bekannt und gesetzt, weitere zehn wurden im Losverfahren bestimmt. Nach einer angemessenen Bearbeitungszeit mussten die Teilnehmer ihre Entwürfe einreichen, die anschließend vom Wettbewerbsbüro auf die Einhaltung der Ausschreibungsanforderungen geprüft wurden.

weitere Informationen

Die Dokumentation zu diesem Wettbewerb finden Sie hier. Dort dokumentieren wir auch weitere Wettbewerbe unter > Einblicke > Projekte. 

Der lange Weg aufs Siegertreppchen

Am Sitzungstag trat dann die Wettbewerbsjury zusammen. Sie bestand aus qualifizierten Fachleuten, etwa Vertreterinnen und Vertretern des BLB NRW, aus dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen und weiteren. Der Reihe nach wurden die 15 anonym ausgehängten Entwurfspläne von der Jury begutachtet. Parallel dazu wurde immer die jeweilige Gebäudeminiatur des entsprechenden Entwurfs in ein großes Modell mit der bestehenden Bebauung eingesetzt. Dies machte noch einmal deutlich, dass der Ersatzneubau aufgrund seiner exponierten Lage am Eingang zum Campus Grifflenberg auch städtebauliche Qualität hat, da er mit dem gegenüberliegenden Gebäude eine Art Tor zum Unigelände bildet.

„Bei diesen Modellen schauen die meisten aus der Vogelperspektive auf das Gelände“, weiß Almut Lepère. „Dabei sollte man versuchen, die Blickwinkel einzunehmen, mit denen man sich später dem fertigen Gebäude nähern würde.“ Genauso wichtig sei es für die Bewertung, wie auch generell, von den Nutzerinnen und Nutzern sowie dem späteren Gebrauch auszugehen: „Wo sind Freiflächen? Wo kann Begegnung stattfinden? Wie sind die Laufwege zu anderen zentralen Gebäuden auf dem Campus?“ Da lohne es sich, nicht spontan zu entscheiden, sondern noch einmal in Ruhe darüber nachzudenken.

Das tat auch die Wettbewerbsjury. Nach den ersten Rundgängen wurden nach und nach alle Beiträge von der Jury ausgeschlossen, die aus verschiedenen Gründen nicht in die engere Wahl für eine Auszeichnung kamen. Vier Einreichungen erreichten schließlich die Endrunde. Die Namen der dahinterstehenden Büros waren der Jury zu diesem Zeitpunkt noch immer unbekannt. Nach dem Mehrheitsprinzip wurde dann über die Entwürfe und deren Platzierung und den Siegerbeitrag abgestimmt. Erst danach öffnete der ehemalige Präsident des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) und So soll das fertige Gebäude einmal aussehen. Von der Straße aus bilden Experimentierhalle und die Gebäude V und W das Tor zum BUW-Campus Grifflenberg. Juryvorsitzende Heiner Farwick (siehe auch Interview) die Briefumschläge mit den Namen der Architekturbüros.

Frische Ideen für die neue Experimentierhalle

Den ersten Platz belegte der Entwurf des Architekturbüros habermann.decker aus Lemgo. Die Begründung der Jury lobte explizit den städtebaulichen Bezug, die Funktionalität sowie die Nachhaltigkeit der Tragwerksausführung in Holz-Hybridbauweise. Die späteren Nutzer waren ebenfalls sehr zufrieden und lobten beispielsweise die durchdachte, praxisnahe Anordnung von Werkstätten und Laborflächen zueinander.

Auch wenn nicht immer alle Juryentscheidungen an diesem Tag einstimmig erfolgten und viel diskutiert wurde, hatten am Ende alle das Gefühl, gemeinsam die beste Wahl getroffen zu haben. Im nachgeordneten Vergabeverfahren konnten sich übrigens ebenfalls die erstplatzierten Lemgoer durchsetzen, die sich nun gemeinsam mit dem BLB NRW und der Bergischen Universität Wuppertal an die Detailplanungen machen.

Muhterem Kacar als Projektverantwortlicher ist mit dem Ergebnis seines ersten Architekturwettbewerbs zufrieden: „Wir haben wirklich gute Ergebnisse bekommen und ich freue mich, gemeinsam mit der Uni, dem Planungsbüro und den ausführenden Unternehmen die Realisierung des Siegerentwurfs voranzutreiben!“


Dipl.-Ing. Heiner Farwick

Architekt, Stadtplaner und Präsident des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) von 2013 bis 2019

Welche Bedeutung haben Architekturwettbewerbe für Ihren Berufsstand?

Die Bedeutung des öffentlichen Raums und der Qualität der gebauten Umwelt für unsere Gesellschaft sind unumstritten. Untrennbar ist Qualität in Architektur und Stadtplanung mit der Kultur der Vergabeverfahren verbunden – Baukultur setzt eine gute Verfahrenskultur voraus. Wettbewerbe fordern im wetteifernden Vergleich die schöpferischen Kräfte der Architektinnen und Architekten heraus und fördern innovative und nachhaltige Lösungen für eine zukunftsgerechte Umweltgestaltung.

Wie beurteilen Sie die Qualität der Ergebnisse von Architekturwettbewerben?

Der Bauherr erhält im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens die Möglichkeit, Wettbewerbsbeiträge miteinander zu vergleichen, auf ihre konzeptuelle Stichhaltigkeit zu prüfen, ökonomische Erfordernisse abzuschätzen, die ökologische Verträglichkeit zu beurteilen und ästhetische Qualitäten zu erwägen. Die Beratung durch eine unabhängig urteilende Jury von Fachleuten stellt dabei sicher, dass ein Wettbewerb nicht nur eine beliebige, sondern die in jeder Hinsicht beste Lösung einer Planungsaufgabe erreicht.

Würden Sie sich mehr Architekturwettbewerbe wünschen?

Grundsätzlich sind alle Auslober aufgefordert, das Vergabeverfahren des offenen Wettbewerbs intensiver zu nutzen: Der fachliche Leistungsvergleich ermöglicht es vor Vergabe eines konkreten Auftrags, verschiedene Entwurfskonzepte hinsichtlich ihrer Gestaltung, ihrer städtebaulichen Dimensionen sowie ihrer Wirtschaftlichkeit zu bewerten. Wichtig ist dabei ein fairer Zugang auch für junge und kleinere Büroeinheiten. Genau ihre Leistungen und ihre Kreativität brauchen wir, um unsere Städte für die Anforderungen von morgen weiterzubauen.

Erinnern Sie sich an einen außergewöhnlichen Wettbewerb, an dem Sie beteiligt waren?

Da gibt es viele, spontan fallen mir ein: die Generalsanierung des Filmhauses in Köln, ausgelobt vom Westdeutschen Rundfunk, die städtebauliche Entwicklung des Standorts „Südlich Haroldstraße“ in Düsseldorf, ausgelobt vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein- Westfalen, sowie der Erweiterungsbau für den UN-Campus in Bonn, ausgelobt von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.

Vielen Dank für das Gespräch!

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