Kernsanierung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

BLB NRW

Kernsanierung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Radikaler Einsatz für ein gesundes Lernklima

Das Gebäude 23.21, ist wie viele andere Hochbauten aus der Zeit zwischen 1955 und 1975 mit PCB belastet. Seit Mitte 2017 wird es deshalb von Grund auf saniert. Nach der Entfernung des PCBs stehen umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen an, sodass die Studierenden im Anschluss in schadstofffreie, zeitgemäß eingerichtete Räume einziehen können. Neubau-, Umbau- und Sanierungsmaßnahmen sind seit Jahren fester Bestandteil des Lebens auf dem Campus der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Rund 35.000 Studierende sind dort eingeschrieben, viele von ihnen kreuzen täglich die Gebäudegruppe 23 in zentraler Lage auf dem Universitätsgelände – ein Ensemble aus zehn miteinander verbundenen Bauwerken. 

Steckbrief PCB

Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind organische Chlorverbindungen, die in den 60er und 70er Jahren in vielen Gebäuden verbaut wurden, etwa in Fugenmassen. Sie gelten nach heutigem Stand als gesundheitsschädlich und stehen im Verdacht, in höherer Konzentration krebserregend zu sein. Seit 1989 ist die Verwendung in Deutschland verboten. In Gebäuden mit PCB-Belastung führt der BLB NRW deshalb regelmäßige Raumluftmessungen durch, um sofort handeln zu können, sobald gesetzliche Grenzwerte überschritten werden.

Erbaut Anfang der 70er-Jahre – diese Angabe gilt bei Christian Oelke als ein sicherer Hinweis dafür, dass Schadstoffe verbaut wurden. Der Projektleiter für den Hochschulbau und Schadstoffexperte bei der Niederlassung Düsseldorf des BLB NRW hat viel Erfahrung mit belasteter Bausubstanz aus dieser Zeit. An der Heinrich-Heine-Universität (HHU) Düsseldorf gibt es einige Objekte, die davon betroffen sind. „In den 70er Jahren wurden jede Menge Schadstoffe verbaut“, sagt Christian Oelke. Teilbereiche mehrerer Campusgebäude hat das Düsseldorfer Team in den letzten Jahren bereits saniert. Bei den meisten reichte es aus, die Schadstoffquellen zu beseitigen und die Innenbereiche gründlich zu reinigen. Das Gebäude 23.21 aber ist wegen partiell sehr hoher PCB-Belastungen ein besonders schwerer Fall. „Das machte uns Kopfzerbrechen. Das PCB aus Fugendichtmassen hatte sich an den Sekundärflächen abgesetzt, an Wänden, Böden und Decken, und hat damit auch diese zu Schadstoffquellen gemacht.“

  • Der Bau wird von der Seite aus betrachtet. Hinter einer begrünten Mauerfassade liegt das neuen Universitätsgebäude. Am Gebäude befindet sich ein Baugerüst. Auf einem bepflanzten Innenhof, der parallel zum Universitätsgebäude verläuft befinden sich mehrere Personen.
    © BLB NRW
    Sanierungsarbeiten am Gebäude 23.21 der HHU Düsseldorf bei laufendem universitären Betrieb
    Der Schadstoffbefall am Universitätsgebäude machte Grundsanierungsarbeiten bei laufendem universitärem Betrieb nötig.
  • Von vorne betrachtet führt ein gepflasterter Weg entlang des Haupteingangs von Gebäude 23.21. Über dem Eingang wird die graue Fassade von 3 mittigen Fenstern geteilt. In der Tiefe teilt sich das Bauwerk nach rechts und links. Vor der rechten Gebäudewand steht ein flacher Komplex. Der Zugang ist durch einen Zaun versperrt.
    © BLB NRW
    Frontansicht des neuen Gebäudeteils 23.21 der Universität Düsseldorf
    Seit Mitte 2017 wird das ehemals PCB schadstoffbelastete Gebaeude der HHU renoviert.
  • Eine in Schutzanzug gekleidete Person betritt einen abgesprerrten Gebäudebereich, der mit einem Warnschild gekennzeichnet ist.
    © BLB NRW
    Schadstoffkontaminierter Bereich der HHU Düsseldorf
    Der PCB befallene Gebäudeteil ist durch eine Schleuse abgetrennt und darf nur mit Spezialkleidung betreten werden.
  •  In einem Büroraum bespricht das fünfköpfige Team einen Gebäudeplan. Alle Beteiligten befinden sich um einen Tisch. Der Plan ist über den ganzen Tisch ausgebreitet. Der Projektleiter stützt sich auf den Tisch ab und deutet mit einem Lineal auf den Plan.
    © BLB NRW
    Projektteam der Düsseldorfer Niederlassung des BLB NRW
    Zusammen mit seinem Team sorgt BLB NRW Schadstoffexperte Oelke (NL Düsseldorf) für die erfolgreiche Umsetzung des Sanierungsprojektes.

Machbarkeitsstudie gab Ausschlag für Kernsanierung

Lange Zeit sah es so aus, als sei ein kompletter Abriss und Neubau der einzige Weg, die Schadstoffe gänzlich loszuwerden. Diese Radikallösung aber wäre im engen Gebäudeverbund auf dem Campus schwierig gewesen. Eine Machbarkeitsstudie durch ein externes Büro eröffnete schließlich eine für alle verträglichere Lösung: Eine Kernsanierung sei Abriss oder Teilabriss und Wiederaufbau vorzuziehen, ergab das Gutachten, sowohl was das Kosten-Nutzen-Verhältnis angeht, als auch den Zeitaufwand und die Belastung für die Nutzer. Da die Gründung und die konstruktiven Tragwerke – Stahlskelett, Fundament und einige Betonkerne – bei dieser Vorgehensweise erhalten bleiben, reduzieren sich Aufwand und Abbruchvolumen und damit auch viele belastende Auswirkungen wie Lärm, Staub, Erschütterung und Baustellenverkehr. „Die Entscheidung für die Variante Kernsanierung mit vorgezogener Schadstoffsanierung war somit eindeutig die wirtschaftlichste“, erläutert Sebastian Maiß aus der Abteilung Assetmanagement der Niederlassung Düsseldorf.

Vorangehende Untersuchungen in einem Testbereich des Gebäudes hatten ergeben, dass eine Entkernung bis auf das Rohgerüst eine Reduzierung der Schadstoffwerte in einen akzeptablen und unter dem Grenzwert der PCB-Richtlinie liegenden Bereich ermöglicht. Daraufhin startete der BLB NRW im Sommer 2017 die Sanierung und schottete das Gebäude ab. Die Übergänge zu den Nachbargebäuden wurden geschlossen. Die Nutzer waren vorsorglich bereits zum Ende des Wintersemesters 2013/14 ausgezogen. Die Philosophische Fakultät, eine der ältesten und größten Fakultäten der HHU, kam in anderen Gebäuden und Modulbauten unter. Auch die Verbundbibliothek Geisteswissenschaften wurde ausgelagert.

"Die Machbarkeitsstudie hat gezeigt, dass eine Kernsanierung die sinnvollste und wirtschaftlichste Lösung ist. Dazu haben wir an drei Räumen eine Mustersanierung vorgenommen und die Messwerte ein halbes Jahr lang kontrolliert."
Otmar Reifer, Sachverständigenbüro Reifer

Sanierung in zwei Phasen

Im August 2017 startete die Schadstoffsanierung und mit ihr die erste Phase des Projekts. Die schadstoffbelasteten Bauteile wurden ausgebaut und die Lüftungsphase eingeleitet. Sobald der Innenabbruch vollständig abgeschlossen war, wurden die Fassadenelemente entfernt.

Seit dem Sommer 2018 läuft die zweite Phase des Projektes. In ihr wird das entkernte Gebäude erneuert: Böden, Fenster, Decken, Wände und die komplette Technik samt Heizung, Lüftung, Elektro- und Sanitärausstattung werden eingebaut. Auch die Fassade wird energetisch und optisch aufgewertet. Eine Metallverkleidung verleiht dem Ganzen ein modernes Aussehen, wobei die Balkone bestehen bleiben, um den ursprünglichen Charakter des Gebäudes zu erhalten. Doch im Innern wird nichts mehr an die Entstehungszeit vor mehr als 40 Jahren erinnern. Einzig das Treppenhaus bleibt wie es ist. Alle Arbeitsplätze und Seminarräume werden zeitgemäß ausgestattet, sodass Studierende und Beschäftigte 2021 ein saniertes und modernisiertes Gebäude mit einer erstklassigen Lern- und Arbeitsumgebung beziehen können.

Kernsanierung mit vorgezogener Schadstoffsanierung

  • Phase 1: Abbrucharbeiten und Lüftungsphase, Schadstoffsanierung
  • Phase 2: Wiedereinbau Fassade, Innenausbau
  • Beginn der Abbrucharbeiten: 08/2017
  • Beginn des Wiederaufbaus: Sommer 2018
  • Nutzfläche: 9.572 m²

Lärmbegrenzung und Gesundheitsschutz im Blick

Bei einer Schadstoffsanierung steht der Gesundheitsschutz an erster Stelle. Für den Ausbau der belasteten Bauteile wurden deshalb jeweils zwei bis vier Ebenen im Gebäude als sogenannter Schwarzbereich eingerichtet. Die Spezialfirma setzte eine luftdichte Schleuse im Mehrkammersystem ein, in der die Fachkräfte Schutzanzug und Atemmaske an- bzw. auf dem Rückweg ablegen, duschen und im Weißbereich wieder ihre Zivilkleidung anziehen. „Mit der ausführenden Firma arbeiten wir schon lange zusammen“, sagt Christian Oelke, erleichtert darüber, dass besonders erfahrene Fachleute den Zuschlag bekommen haben. „Bei solchen Maßnahmen ist es wichtig, dass man sich auf die Auftragnehmer verlassen kann.“

Neben dem Arbeitsschutz geht es bei der Maßnahme natürlich vor allem um die Sicherheit der Beschäftigten und Studierenden der HHU. Dabei wird nichts dem Zufall überlassen. Als abgeschlossen saniert gelten die Ebenen erst, wenn sie ein positives Ergebnis bei der Erfolgskontrollmessung erzielen. Bei der Lüftung der sanierten Bauteile ist zudem sichergestellt, dass keine Risiken für Personen im direkten Umfeld des Gebäudes bestehen. Denn die PCB-Konzentration in der Umgebungsluft erhöht sich dabei im Vergleich zum unsanierten Zustand nicht.

Auch den Lärmschutz hat der BLB NRW im Blick. Deshalb ist auch ein Lärmschutzgutachter vor Ort, der die Belastungen vor und während der Bauphase kontrollieren und akustische Beeinträchtigungen des laufenden Hochschulbetriebs mit zigtausenden Studierenden und Beschäftigten minimieren soll. So erfolgen geräuschintensive Arbeiten an der Außenfassade sowie die Erneuerung der Fenster vorrangig in den Semesterferien. 

Ankündigung lärmintensivere Arbeiten

Bereits gestartete Arbeiten, laufen noch bis:

  • Mitte/Ende April 2019: Arbeiten in den Innenhöfen / Tiefbau (witterungsabhängig)
  • ca. Ende Mai 2019: Rohbauarbeiten (kaum noch lärmintensiv)
  • Anfang August 2019: Abbruch der Dachflächen
  • Mitte Oktober 2019: Dachabdichtungsarbeiten
  • Ende 2020: Gerüstbau (wird fortlaufend vor Ort sein)
  • Kommende Arbeiten starten im:
  • Juni 2019: Start der Ausbaugewerke (erhöhter Baustellenverkehr) 
  • Juni 2019 - März 2020: Sanierung der Fassade und Balkone (witterungsabhängig)
  • August 2019 - März 2020: Arbeiten an den Balkongeländern (witterungsabhängig)
  • August 2019 - April 2020: Arbeiten an den Fassaden
  • August 2019 - Juni 2020: Estrich und Putzarbeiten

Zwischen einer Baustellenkonstruktion steht der BLB NRW Schadstoffexperte der Niederlassung Düsseldorf. Hinter ihm befinder sich eine grüne Gebäudefassade.
Sie sind eigentlich Architekt. Was macht Sie zum Schadstoffexperten in der Abteilung Planen und Bauen? Seit ich 2002 beim BLB NRW angefangen habe, habe ich mit Universitätsgebäuden zu tun. Da ich immer wieder auf Fragen zur Schadstoffbelastung und -sani © BLB NRW

Christian Oelke

Schadstoffexperte in der Niederlassung Düsseldorf

Sie sind eigentlich Architekt. Was macht Sie zum Schadstoffexperten in der Abteilung Planen und Bauen?

Seit ich 2002 beim BLB NRW angefangen habe, habe ich mit Universitätsgebäuden zu tun. Da ich immer wieder auf Fragen zur Schadstoffbelastung und -sanierung gestoßen bin, habe ich mich in diesem Bereich fortgebildet. Bei dem Thema braucht es einfach Expertise. Inzwischen gehöre ich dem Kompetenznetzwerk Sicherheit- und Gesundheitsschutz des BLB NRW an. Wir treffen uns regelmäßig zum Austausch und zu Lehrgängen. In der Niederlassung stehe ich den Kolleginnen und Kollegen bei Fragen zur Verfügung.

An der Heinrich-Heine-Universität haben Sie mit PCB-Belastungen zu tun. Wie schwierig ist eine solche Sanierung?

PCB ist ein Stück weit unberechenbar. Man kann es nicht sehen, nicht riechen und nicht schmecken. Eine Asbestsanierung ist da einfacher, weil man sieht, wenn das Zeug raus ist. Die Messreihen für das Gebäude 23.21 sehen aber gut aus.

Was ist Ihre Aufgabe bei den Projekten? Sind Sie ständig vor Ort?

An der Baustelle hat der Generalplaner die Aufsicht. Ich mache die klassische Bauherrenvertretung. Ich vermittle zwischen dem Nutzer und den beteiligten Firmen, steuere die Planung und kümmere mich um das Controlling. Das heißt, bei mir laufen die Fäden zusammen. Ich gehe den Dingen aber auch vor Ort nach.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit?

Meine Arbeit ist sehr vielseitig. Es bleibt spannend, denn ich betreue immer mehrere Projekte, und es gibt oft Überraschungen. Kürzlich hatten wir beispielsweise mehrere große Wasserschäden in einem Uni-Gebäude. So ein Ereignis kann schon mal die gesamte Tagesplanung umschmeißen.

Vielen Dank für das Gespräch!


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