Modernisierung des Bundeswehr-Standorts Augustdorf
Alles im (oliv-)grünen Bereich
Die Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne in Augustdorf liegt versteckt im Grünen zwischen Bielefeld, Detmold und Paderborn. Mit 3.500 Soldaten ist sie einer der größten Standorte der Bundeswehr – und auch einer der modernsten. Seit 2008 wird er vom BLB NRW grundlegend modernisiert. Davon profitiert auch der Technische Zug des Panzerbataillons 203, der eine neue Instandsetzungshalle, das Gebäude 310, bezogen hat.
Eckdaten Instandsetzungshalle 310
- Investitionssumme: 3,8 Mio. Euro
- Bruttogrundfläche: 1.328 m²
- Bauzeit: 10/2016 – 08/2018
- Übergabe: 12/2018
Bevor es zum Interview geht, lässt es sich Anja Harre nicht nehmen, noch kurz zu einer Rundfahrt über das Kasernengelände einzuladen. Die alte Nordwache ist inzwischen abgerissen, dahinter steht bereits die neue Wache und wartet auf die technische Abnahme. Auch die großzügige vierspurige Zufahrt ist schon fertiggestellt und wartet auf die offizielle Übergabe.
Mammutprojekt Kasernen-Sanierung
Die Ingenieurin Anja Harre leitet die Abteilung Bundesbau in der Bielefelder Niederlassung des BLB NRW. Mit 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stemmt sie das Mammutprojekt, das vor etwa zehn Jahren mit der Komplettsanierung des ehemaligen Offizierskasinos begonnen hat.
Die Fahrt durch den Unterkunftsbereich hinter der Wache gleicht einer Fahrt durch ein Neubaugebiet in der Vorstadt. Schmucke dreigeschossige Wohngebäude reihen sich entlang der Straßen aneinander. Hier und dort stehen insgesamt noch vier alte Gebäude mit Waschbetonfassade, die aber nicht mehr als Unterkunftsgebäude dienen. „Die werden eventuell auch noch abgerissen“, sagt Harre, „aber das entscheidet sich erst noch.“ Unter manchen Gebäuden befinden sich Bunker, worüber man hier am Standort froh ist. In den Neubauten sind nämlich keine Abstellräume mehr vorhanden, sodass die alten Schutzräume jetzt als Lager genutzt werden können.
Zurück auf der Paradestraße führt die Fahrt entlang verschiedener älterer und neuerer Bauten. Plötzlich wird es ohrenbetäubend laut im Auto, als etwas oberhalb der Straße ein Kampfpanzer Leopard II Gas gibt. „Dort werden die Bremsen getestet“, weiß die Ingenieurin. Sie kennt den Standort wie ihre Westentasche, die Zukunftspläne für die Kaserne und vor allem die Bedürfnisse der Bundeswehr und ihrer Soldaten.
Der Mann, der sie zur Kennerin gemacht hat, kommt wenig später dazu. Er ist bestimmt 1,90 Meter groß, trägt eine Uniform mit Flecktarnmuster und heißt Carsten Steinmeier. Der erfahrene Hauptmann wurde eigens zur Betreuung von Bauprojekten abgestellt. Seine Funktion ist eine Besonderheit, die es so an anderen Standorten nicht gibt. Als Soldat und Mann der Bundeswehr kennt er sich bestens aus und teilt sein Wissen mit den zivilen Baufachleuten.
"Über den BLB NRW kann ich nur Positives berichten. Wir sind hier mit allen Beteiligten ein eingespieltes Team."
Ein eingespieltes Team
„Kurz nach der Entscheidung, den Standort Augustdorf umfangreich zu sanieren, hat sich personell einiges getan. Nicht nur durch die Zusammenarbeit mit Carsten Steinmeier und beim BLB NRW, sondern auch bei den Kolleginnen und Kollegen von der Bauabteilung der Oberfinanzdirektion Münster und dem BAIUD1“, erzählt Anja Harre. „Alle ziehen an einem Strang, deshalb klappt auch die Zusammenarbeit.“ Dem stimmt Steinmeier uneingeschränkt zu. „Über den BLB NRW kann ich nur Positives berichten. Wir sind hier mit allen Beteiligten ein eingespieltes Team.“
Am Gebäude 310, einer neuen Instandsetzungshalle, die gerade erst bezogen wurde, wartet mit Oberstabsfeldwebel Nico Kiesewitter und Hauptfeldwebel Adrian Goretzki vom Technischen Zug des Panzerbataillons 203 ein weiteres eingespieltes Team. Sie sind für die Wartung und Instandhaltung von 20 Pkw, 50 Lkw und 20 Panzern verantwortlich, die in dem Neubau vorgenommen werden.
Man betritt die Halle von der Seite und gelangt in einen sauberen, weiß gestrichenen Flur. Direkt hinter der Tür auf der linken Seite befindet sich das Geschäftszimmer des Zugführers. Daran schließen sich Werkstätten und Büros an. Rechts vom Flur befinden sich die Umkleiden, die Toiletten und die Duschen. Durch zwei Türen gelangt man in die eigentliche Werkstatthalle, die Platz für sechs Fahrzeuge bietet.
In einem kargen Aufenthaltsraum erzählen Nico Kiesewitter und Adrian Goretzki von den ersten Monaten in der neuen Instandsetzungshalle. „Wir vom Technischen Zug führen die Serviceintervalle an den Fahrzeugen unseres Bataillons durch, das ist wie beim Privatwagen. Dazu kommt die schadensbezogene Instandsetzung“, beschreibt Oberstabsfeldwebel Kiesewitter die Aufgaben seines Zuges.
Großer Entwicklungssprung durch neue Halle
Haben sich die Arbeitsabläufe durch die neue Halle verändert? „Nein“, antwortet Kiesewitter, „die Arbeitsabläufe sind gleich geblieben. Nur die örtlichen Gegebenheiten sind jetzt deutlich besser. Alles ist hell und lichtdurchflutet. Die Halle, die Büros und die anderen Räume sind sauber und freundlich. Auch der Arbeitsschutz wird eingehalten, was beispielsweise Abgase und Lärm betrifft.“
„Mit der neuen Halle haben wir einen Sprung von 50 Jahren gemacht“, ergänzt Adrian Goretzki. „Im alten Gebäude ist man aus dem Aufenthaltsraum direkt in die Werkstatthalle getreten. Die neue Instandsetzungshalle ist in einen Schwarzbereich für die schmutzigen Arbeiten sowie einen Weißbereich mit den Sozial- und Büroräumen aufgeteilt, das ist jetzt getrennt. Es gibt nun eine Umkleide mit Spinden für jeden Einzelnen, wo wir aus der Uniform in den Blaumann wechseln können. Außerdem können die Kameraden direkt nach der Arbeit duschen, das ist auch neu. Und es gibt ausreichend Toiletten – auch für unsere Kameradinnen. Die Leute haben jetzt viel mehr Freude an der Arbeit und kommen gerne.“ Was das Gebäude sonst noch leisten muss? „Alles, was eine moderne Nutzfahrzeugwerkstatt im zivilen Bereich auch leistet. Wir führen hier ja eins zu eins die gleichen Arbeiten durch“, erzählt Kiesewitter. „Eine Besonderheit gegenüber vielen zivilen Werkstätten ist die sogenannte Bergebereitschaft. Wenn beispielsweise ein Manöver stattfindet und ein Fahrzeug ausfällt, müssen wir jederzeit einsatzbereit sein. Das heißt, Büros und Bereiche müssen 24 Stunden arbeitsfähig sein, sodass man zur Not rund um die Uhr durchschrauben kann. Das muss sich auch im Sozialbereich widerspiegeln.“
Auf die Frage, was ihr persönliches Highlight ist, haben die beiden Instandsetzungssoldaten unterschiedliche Antworten parat. „Es ist schon etwas ganz Besonderes, als Erster einen Neubau zu beziehen. Das werde ich in meiner Berufslaufbahn so wohl nicht noch einmal erleben“, antwortet Nico Kiesewitter. Für Adrian Goretzki ist es die Ausstattung: „Alles ist neuester Stand der Technik. Wenn ich heute den Knopf für die Abzugsanlage drücke, läuft die. Vorher musste man erst einen Schalter betätigen und dann eine Sicherung reindrücken. Danach hieß es erst mal warten, bis das Ding angelaufen ist. Das ist jetzt alles viel nutzerfreundlicher.“
Ob es auch Dinge gibt, die nicht so gut gelöst sind? Nico Kiesewitter zeigt auf den Lichtschalter neben der Tür. „Der war nicht vorgesehen und wurde uns vom BLB NRW nachträglich eingebaut. Die Deckenbeleuchtung soll eigentlich durch einen Bewegungssensor gesteuert werden, um Energie zu sparen. Im Prinzip sinnvoll, aber wenn bei Bergebereitschaft im Aufenthaltsraum ständig das Licht ausgeht, ist das ganz schön nervig.“
In der Wartungshalle auf der anderen Seite des Gebäudes wird gerade an mehreren Lkw und Anhängern gearbeitet. Sie wirkt wirklich hell und freundlich. Die Anwesenden kommen auf den Betonboden der Halle zu sprechen, der noch einmal kritisch begutachtet wird. Die ersten Ölflecken zeichnen sich ab und die Runde fragt sich kurz, warum der Boden nicht versiegelt ist. Man kommt dann aber einhellig zum Schluss, dass dies wohl der Rutschsicherheit geschuldet ist. Alle möglichen Faktoren wurden in der Planung berücksichtigt.
"Mit der neuen Halle haben wir einen Sprung von 50 Jahren gemacht."
Standortentwicklung schreitet weiter voran
Auf die Frage, ob sie im Vergleich zur Vorgängerhalle auch etwas vermissen, antworten die Instandhaltungsexperten wie aus der Pistole geschossen: einen Hallenkran. Kiesewitter zeigt durch ein Hallentor nach draußen, wo ein Leopard II auf seine Inspektion wartet. Ein Bergepanzer steht bereit, um das gepanzerte, anderthalb Tonnen schwere Topdeck am Heck des Leos abzuheben. Als der Motor des Bergepanzers anspringt, kommen die drei Soldaten kurz vom Thema ab und geraten ins Schwärmen: Sofort sind sie sich einig, dass der V10-Motor des Bergepanzers (er stammt aus dem Leopard I) den besten Klang aller Bundeswehrfahrzeuge hat. Einen Moment später fährt Kiesewitter ungerührt fort: „Den Kran hat aber keiner vergessen, den sieht das Konzept für die Standortentwicklung in dieser Halle nicht vor.“ Anja Harre führt das weiter aus: „Im Gegensatz zu den Landeskunden gibt es beim Bundesbau ein ganz klar definiertes Bausoll, das wir erfüllen müssen, und ein Kran gehört hier in Halle 310 nicht dazu.
Der Bundeswehrstandort Augustdorf
- 129 Hektar Fläche umfasst das Kasernengelände.
- 1,4 x 1,2 Kilometer ist die maximale Ausdehnung des Kasernenareals.
- 3 Millionen Euro kostet der Bauunterhalt der über 200 Kasernengebäude pro Jahr.
- 91 Millionen Euro wurden seit Beginn der Modernisierung im Jahr 2008 investiert
Im Rahmen des Konzeptes „Neubau technische Bereiche“ realisieren wir aber insgesamt vier neue Werkhallen, die bis 2021 fertiggestellt sein sollen. So entsteht im zweiten Bauabschnitt gerade als letztes die Halle 608, die mit 14 Werkständen fast doppelt so groß ist wie diese Halle hier. Sie wird auf der gesamten Breite über einen 25- und über einen 12-Tonnen-Kran verfügen.“ Darüber ist Adrian Goretzki froh, denn die Alternative ist keine: „Wir können hier zwar auch den Bergepanzer in die Halle fahren, aber dann wäre die Decke in kürzester Zeit schwarz von seinen Abgasen. Außerdem wird ein Hallenplatz blockiert, das Tor muss offen stehen und die Wärme geht raus. Abgesehen davon geht jede Betriebsstunde Bergepanzer richtig ins Geld. Bis die Halle kommt, schaffen wir das aber auch noch so, im Manöver gibt es ja schließlich auch keine Hallenkräne.“
Als Nächstes übergibt der BLB NRW die neue Nordwache mit der breiten, vierspurigen Zufahrt. Für das neu gebaute Soldatenheim inklusive Bowlingbahn hat sich inzwischen schon ein Pächter gefunden. Parallel dazu arbeiten Anja Harre und das Bundesbauteam der Niederlassung Bielefeld an weiteren Projekten. An einem Standort dieser Größe gibt es schließlich immer etwas zu tun.