Das neue Philosophikum für die Universität Münster

Das neue Philosophikum für die Universität Münster

Stimmige Verbindung von Alt und Neu

Direkt am St. Paulus Dom in der Münsteraner Innenstadt liegt das Philosophikum der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Zum Domplatz hin zeigt das Gebäude eine denkmalgeschützte historische Fassade. Dahinter offenbart sich seine neue, moderne Seite. Als Teil des Hochschulmodernisierungsprogramms wurde der Altbau saniert und durch einen neuen Gebäuderiegel ergänzt. So entstanden ein herausragendes Universitätsgebäude und eine attraktive Verbindung zwischen Dom und Aa-Ufer.

WWU Münster

Sie zählt zu den ältesten und größten Universitäten Deutschlands: die Westfälische Wilhelms-Universität Müster von 1780. Aktuell haben sich rund 44.000 Studierende für einen der 280 angebotenen Studiengänge eingeschrieben. Im sanierten Philosophikum werden rund 2.000 Studentinnen und Studenten täglich ein- und ausgehen.

Wer vom Domplatz aus zum Philosophikum gelangen möchte, muss die schmale Gasse zwischen der neugotischen Front des Philosophikums und dem Fürstenberghaus betreten. Sie führt zu einem flach gestuften Vorplatz, der den Höhenunterschied zwischen Domplatz und dem Flüsschen Aa sanft ausgleicht und zugleich einen neuen, urbanen Treffpunkt bildet. An seinem unteren Ende befindet sich der neue Haupteingang des Gebäudes. Der Weg dorthin verläuft entlang des neuen, fünfstöckigen Gebäuderiegels, dessen sandfarbenes Mauerwerk sich mit schmalen Fenstern abwechselt. Die Fassade spiegele die Nutzung des Erweiterungsbaus als Bibliothek wider und erscheine als hohe Regalwand, beschreibt Architekt Peter Böhm. Sie besteht aus typisch münsterländischem Ziegelmauerwerk, das hell geschlämmt ist und leicht rötlich durchscheint.
 

Kommt auch bei den Bürgern gut an

Die Regalwand tritt nach außen, die Fassade des Altbaus wird zur Innenwand: Beim Philosophikum sind Außen und Innen auf den Kopf gestellt. Das kommt gut an. „Nicht nur Studierende und Dozenten gehen hier ein und aus, es besuchen auch viele Architekturinteressierte das öffentlich zugängliche Gebäude“, sagt Rainer Leuders, Assetmanager in der Niederlassung Münster des BLB NRW.

Die Bibliothek bildet den Mittelpunkt

Wer das Philosophikum durch den neuen Haupteingang betritt und sich nach rechts wendet, gelangt in die Bibliothek für Philosophie, Kunstgeschichte und Katholische Theologie. Sie ist das Herzstück des Philosophikums. Ihre Halle – der Zwischenraum zwischen dem neuen Gebäuderiegel und dem Altbau und zugleich der Lesesaal der Bibliothek – öffnet sich nach oben über alle fünf Stockwerke. Das seitlich durch die hohen Fenster einfallende Licht verleiht ihr einen fast sakralen Charakter. Freitreppen wachsen in die Höhe und geben dem schlanken Raum Tiefe.

An der rechten Seite öffnen sich die Etagen des Anbaus und geben den Blick auf die langen Regalreihen frei. Die Brüstungen sind zugleich als Lesepulte gestaltet. Feine Schlitze im Mauerwerk schlucken effektiv den Schall. Diese Konstruktion erzeugt eine Akustik, die trotz der offenen Gestaltung Unterhaltungen in normaler Lautstärke ermöglicht, ohne dass dadurch andere Bibliotheksgäste gestört werden. Auf der linken Seite befindet sich die ursprüngliche Außenfassade des Altbaus, die grob mit dem gleichen Mörtel wie der Neubau verputzt wurde. Neben der Bibliothek beherbergt der Erweiterungsbau auf seinen 1.800 Quadratmetern außerdem die neue Studiobühne des Germanistischen Instituts, die auch für Seminarveranstaltungen genutzt werden kann

Wer das Philosophikum durch den neuen Haupteingang betritt und sich nach rechts wendet, gelangt in die Bibliothek für Philosophie, Kunstgeschichte und Katholische Theologie. Sie ist das Herzstück des Philosophikums. Ihre Halle – der Zwischenraum zwischen dem neuen Gebäuderiegel und dem Altbau und zugleich der Lesesaal der Bibliothek – öffnet sich nach oben über alle fünf Stockwerke. Das seitlich durch die hohen Fenster einfallende Licht verleiht ihr einen fast sakralen Charakter. Freitreppen wachsen in die Höhe und geben dem schlanken Raum Tiefe.

An der rechten Seite öffnen sich die Etagen des Anbaus und geben den Blick auf die langen Regalreihen frei. Die Brüstungen sind zugleich als Lesepulte gestaltet. Feine Schlitze im Mauerwerk schlucken effektiv den Schall. Diese Konstruktion erzeugt eine Akustik, die trotz der offenen Gestaltung Unterhaltungen in normaler Lautstärke ermöglicht, ohne dass dadurch andere Bibliotheksgäste gestört werden. Auf der linken Seite befindet sich die ursprüngliche Außenfassade des Altbaus, die grob mit dem gleichen Mörtel wie der Neubau verputzt wurde. Neben der Bibliothek beherbergt der Erweiterungsbau auf seinen 1.800 Quadratmetern außerdem die neue Studiobühne des Germanistischen Instituts, die auch für Seminarveranstaltungen genutzt werden kann.

Daten und Fakten

  • Baubeginn: April 2013 (Tiefbauarbeiten und archäologische Untersuchungen)
  • Größe: 4.785 m2
  • Bruttogrundfläche: 8.800 m2
  • Besonderheit: attraktive Verbindung von Neu- und Altbau
  • Kosten: rund 20 Millionen Euro
  • Fertigstellung: September 2017

Voller Überraschungen: Bauen im Bestand

Der Altbau – das frühere Ludgerianum, dessen ältester Teil von 1906 stammt – hielt während der Bauarbeiten einige Überraschungen bereit. In erster Linie bereitete seine marode Substanz Probleme. Die etliche Male umgebaute Immobilie hatte in Kriegszeiten stark gelitten und war teilweise mit eher einfachen Mitteln wieder aufgebaut worden. Ein zentraler Treppenturm musste deshalb im Zuge der Modernisierung komplett ausgetauscht werden, ebenso einige Gewölbedecken, die nicht mehr ausreichend tragfähig waren. Die Fundamente wurden verstärkt, um höhere Lasten tragen zu können. „Damit, dass manche Fundamente gänzlich fehlten, hatte keiner gerechnet“, so Leuders. Sie mussten nachträglich mit einem Spezialtiefbauverfahren eingebracht werden. Auch die unter Denkmalschutz stehende neugotische Front in Richtung Domplatz wurde behutsam restauriert. Das komplette, über 100 Jahre alte Bestandsgebäude wurde so Schritt für Schritt saniert und mit dem neuesten Stand der Technik ausgestattet. Es beherbergt überwiegend Seminar- und Büroräume.

"Ein Philosophikum mitten im Herzen der Stadt – wo man auf dem Markt über Politik, Gott und die Welt diskutiert – hat wohl keine andere deutsche Universität. Für die Zusammenarbeit mit vielen jetzt buchstäblich benachbarten Disziplinen eine einmalige Chance."
Prof. Dr. Reinold Schmücker
Mit Kreativität aus wenig Raum viel gemacht

Die Sanierung und Modernisierung des Philosophikums in Kombination mit einem Erweiterungsbau an prominenter und geschichtsträchtiger Stelle war eine Herausforderung für Planer und Architekten. Erschwerend hinzu kam die sehr kleine Baufläche.

„Wegen der einzigartigen räumlichen und historischen Situation wurde ein Architekturwettbewerb ausgelobt, zumal es galt, eine sehr große Flächenanforderung in dem begrenzten Umfeld unterzubringen“, erklärt Rainer Leuders. Keiner der Entwürfe konnte das vorgegebene Raumprogramm unter den gegebenen engen Verhältnissen umsetzen. Auch der im Mai 2011 präsentierte, spätere Gewinner-Entwurf des Kölner Architekturbüros Peter Böhm verzichtet zugunsten der städtebaulichen und gestalterischen Qualität auf die Realisierung von rund 1.000 Quadratmetern Nutzfläche. Der BLB NRW schuf daher in einer parallel laufenden Maßnahme im Innenhof des benachbarten Fürstenberghauses das nötige Platzangebot.


Umsichtige Bauplanung verhindert Verzögerungen durch Ausgrabungen

Wie überall in der Münsteraner Innenstadt, besonders hier in unmittelbarer Nachbarschaft zu Dom und Bischöflichem Palais, mussten beim Philosophikum neben städtebaulichen auch denkmalpflegerischen und archäologischen Belangen berücksichtigt werden. Als die Arbeiten 2013 in dem als Bodendenkmal geschützten Bereich begannen, gehörte das Feld daher zunächst den Archäologen. Die Denkmalbehörden von Stadt und Land begleiteten das Projekt über Monate während der Abbruch- und Rohbaumaßnahmen. Interessante Spuren der Vergangenheit brachten die Grabungsarbeiten ans Licht, darunter Siedlungsschichten aus der frühen Neuzeit und aus dem Mittelalter, Hinweise auf die alte Domburg und ein päpstliches Siegel, eine sogenannte Bleibulle, von Papst Martin V. (1368 bis 1431). „Die Arbeit der Denkmalschützer zu verfolgen, war sehr spannend“, erzählt Rainer Leuders und spricht von einem guten Miteinander auf der Baustelle. Verzögerungen hätten die Ausgrabungen mit Spatel und Pinsel nicht verursacht, denn sie seien von vornherein eingeplant gewesen.

Zum Wintersemester 2017/18 konnten Studierende und Lehrende in das neue Philosophikum einziehen. Das Gebäude wurde nicht nur architektonisch zum Bindeglied, sondern führte auch verschiedene Disziplinen des Fachbereichs Geschichte und Philosophie von mehreren über die Stadt verteilten Standorten auf jetzt insgesamt 4.800 Quadratmetern an einem Ort zusammen. Der BLB NRW und die Architekten erhielten für das prägnante Uni-Gebäude vom Bund Deutscher Architekten die „Auszeichnung guter Bauten des BDA Münster - Münsterland 2017“ sowie den „Architekturpreis Nordrhein-Westfalen 2018“, wobei die Jurys insbesondere das gelungene Zusammenspiel zwischen Alt und Neu würdigten. Außerdem wurde das Gebäude mit dem „Deutschen Ziegelpreis 2019“ geehrt.

Auszeichnungen


Rainer Leuders

Assetmanager in der Niederlassung Münster

Was ist Ihre Aufgabe als Assetmanager in der Niederlassung Münster?

Ich betreue den kaufmännischen Bereich bei größeren Einzelbauvorhaben, wie zum Beispiel dem Philosophikum. Zusammen mit einem Kollegen aus unserer Abteilung „Planen und Bauen“, der die baulichen Belange verantwortet, steuere ich das Projekt. Weiter bin ich zuständig für die Projektentwicklung im Bereich Hochschule. Als Key Account Manager, also Betreuer für große Kunden, bin ich der Hauptansprechpartner für die Hochschulen im Bereich Münster. Ich übernehme die Kommunikation mit dem Wissenschaftsministerium und unserer Zentrale und stimme den Bedarf und die Qualitäten bei Baumaßnahmen mit der Universität ab. Und dann muss ich zusehen, dass Anforderungen und Finanzierung zueinander passen.

Was war für Sie das Besondere am Philosophikum?

Das Projekt war allein von seiner Aufgabenstellung her außergewöhnlich. Wir haben dort nicht einen Neubau auf der grünen Wiese geplant, sondern eine Verbindung von Alt und Neu in einem historischen Umfeld. Es kommt auch nicht allzu häufig vor, dass eine solche Maßnahme von einem Wettbewerb begleitet wird. Aber die besondere stadtbildprägende Lage und das öffentliche Interesse haben den Wettbewerb in diesem Fall erforderlich gemacht.

Was waren Ihre Aufgaben bei der Maßnahme? Ist Ihre Arbeit nicht schon getan, wenn der Bau beginnt?

Mit Baubeginn stehen meine Kollegen aus der Abteilung Planen und Bauen stärker in der Verantwortung, das ist richtig. Aber auch ich begleite das Projekt über die gesamte Bauphase. Ich muss die Kostenentwicklung im Blick behalten und gegebenenfalls nachsteuern. Für Münster standen uns aus dem Hochschulmodernisierungsprogramm insgesamt 109 Millionen Euro für sechs Projekte zur Verfügung. Um das Philosophikum und einen zusätzlichen Bau am benachbarten Fürstenberghaus zu finanzieren, konnte ich darauf hinwirken, dass wir Mittel umschichten. Es gilt immer, mehrere Projekte gleichzeitig zu steuern.

Das heißt, Sie haben sich in der Zeit nicht nur um das Philosophikum gekümmert?

Nein, in der Regel betreuen wir mehrere Projekte gleichzeitig. Das sind wir gewöhnt. Ich selbst bin seit über 25 Jahren beim BLB NRW in der Niederlassung Münster beziehungsweise in der staatlichen Bauverwaltung und konnte so schon viele interessante Projekte begleiten.


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